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Interview mit Prof. Dr.-Ing. Thomas Netzel: 3D-Druck auf dem Weg in die industrielle Fertigungspraxis

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Interview mit Prof. Dr.-Ing. Thomas Netzel und Dipl.-Ing. Jean Marius Biawa

3D-Druck auf dem Weg in die industrielle Fertigungspraxis

Additive Fertigung – oder 3D-Druck – ist eine der großen Zukunftstechnologien unserer Zeit.

  • Aber was genau erwarten führende Verfechter dieser Technologie von ihr?
  • Wie sehen sie ihr Potential, was trauen sie ihr zu? Was nicht?
  • Und was muss in Deutschland dafür getan werden, um auf diesem Gebiet nicht den Anschluss zu verlieren gegenüber Ländern wie den USA oder China?

Das Kommunikationsteam der MCB Group wollte es genauer wissen und hat Herrn Jean Marius Biawa, Geschäftsführer der MCB Group, und Herrn Thomas Netzel, Vizepräsident der HAW Hamburg, diese Fragen in einem vierteiligen Interview gestellt.

Prof. Dr.-Ing. Thomas Netzel ist Vizepräsident für Forschung und Transfer an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

Dipl.-Ing. Jean Marius Biawa ist Gründer und Geschäftsführer der „MCB 3D Technology & Additive Manufacturing GmbH“, einem Tochterunternehmen der MCB Group, die er ebenfalls leitet.

Vorstellung der Interviewpartner und ihres Wirkungsbereichs

Herr Biawa und Herr Netzel, guten Tag.

TN: Guten Tag.

JMB: Guten Tag.

Bitte erzählen Sie uns doch, was Ihre Aufgaben sind, und wie der Landkreis Stade, die Stadt Hamburg und die anliegenden Regionen davon profitieren.

JMB: Ich bin verantwortlich für die wissenschaftliche und technische Leitung der MCB Group und bin auch Senior Manager für übergeordnete Programme sowie die strategische Entwicklung des Unternehmens auf dem Markt.

Wir sind ein professionelles 3D-Druckcenter, das Ingenieurdienstleistungen anbietet und sowohl eine aktive Forschungsabteilung als auch ein Trainingscenter im Bereich des additiven Manufacturing (der additiven Fertigung) betreibt.

TN: Mir geht es als Vizepräsident der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg darum, das Thema Forschung und Transfer an unserer Hochschule weiterzuentwickeln – und hier zugleich der Metropolregion Hamburg wichtige Impulse zu geben.

Das Thema additive Fertigung beschäftigt uns beispielsweise in der Ausbildung, weil wir unsere Studierenden natürlich für Zukunftsthemen qualifizieren wollen. Zugleich beschäftigt es uns als Forschungs- und Transferthema. Einerseits beforschen wir additive Fertigung aktiv, andererseits suchen wir nach Lösungen für spezifische Fragestellungen, mit denen Unternehmen auf uns zukommen. Wir sind also auf drei Ebenen mit dem Thema additive Fertigung beschäftigt: Ausbildung, Forschung und Transfer.

Wo sind Sie zu finden, Herr Biawa, und wie kann man Sie erreichen?

JMB: Nach vielen Monaten der Planung und Vorbereitung haben wir am 01. Juni 2017 unser neues Domizil im Hit-Technopark in Hamburg-Harburg bezogen, unweit vom alten Standort. Unser neues Büro bietet den nötigen Platz, um unseren Serviceinnendienst, die Servicehotline und die Vertriebsunterstützung weiter auszubauen und unsere Kunden noch besser zu unterstützen.

Sie haben als Start-Up-Unternehmer ein gewisses Netzwerk in der Region aufgebaut. Wie ist bei Ihnen und Ihrem Unternehmen denn jetzt der Stand der Dinge?

JMB: Wir haben im vergangenen Jahr sehr viele Kontakte knüpfen können, sowohl im Landkreis Stade als auch in Hamburg. Den Kontakt zu Institutionen wie der IHK, Universitäten, Wirtschaftsförderung, Banken, TWL usw. haben wir aktiv gesucht. Mit der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und der Hochschule 21 haben wir jeweils ein Letter of Intent für eine Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen unterschrieben. Dafür bedanken wir uns bei den Präsidenten und Vizepräsidenten dieser Hochschulen, die uns sehr unterstützt haben. Ein weiteres Dankeschön geht an die Mitarbeiter der Wirtschaftsförderung Buxtehude und Stade und der IHK, die uns ihre Bürotüren und Konferenzräume geöffnet und uns herzlich empfangen haben.

In welchen Branchen Sind Sie tätig und wo haben Sie Ihre Schwerpunkte gesetzt?

JMB: Die MCB Group ist eine dynamische Unternehmensgruppe, die mehrere Geschäftsbereiche, die auf unterschiedliche Aspekte der additiven Fertigung und der CNC-Fertigung von Hightech-Produkten aus Kunststoff und Metall ausgerichtet sind, unter einem Dach vereint. Wir bieten die folgenden Dienstleistungen an:

  • Additive Fertigung und 3D-Druck
  • CNC- & Fräsdienstleistungen: CNC-Fertigung (CNC- und 3D-Fräsen) – Lohnfertigung nach Maß
  • Klassische Ingenieursdienstleistungen: Entwicklung, Konstruktion, Dokumentation, Projektierung, Programmierung und Berechnung

Wie unterscheiden sich Ihre Dienstleistungen von anderen?

JMB: Wir sind nicht nur ein 3D-Druck-Unternehmen, wir sind auch ein Team von Ingenieuren mit unterschiedlichem Background (Mechatroniker, Luft- & Raumfahrttechnik, CFK und Schifffahrt), also ein Ingenieurbüro, das auch Forschung betreibt. Wir wollen die Technologie nicht nur begleiten, sondern auch aktiv dazu beitragen, dass sie ihren Siegeszug fortsetzt. Mit 3D-Druckern kann jeder Laie Objekte entwerfen und herstellen – ganz ohne eine Fabrik.

Unser Ziel ist es, diese Technologie weiterzuentwickeln, zu forschen und Anwendungsbereiche in der Medizin oder anderen Bereichen zu finden.

Was hat Sie dazu bewogen, auf additive Fertigung zu setzen? Ist der Markt bereit für Ihre Dienstleistungen?

JMB: Die aktuellen industriellen Anwendungen zeigen die zunehmend zentrale Bedeutung von 3D-Technologien für die Entwicklung neuer Produkte, die Steigerung der Produktionsleistung, sowie die Optimierung des Vertriebs. 3D-Technologien bilden auch die Grundlage für die Entwicklung komplett neuer Geschäftsmodelle bzw. Produkte: Sie nutzen die enge Verbindung von 3D-Erfassung und Rapid Manufacturing und finden sich sowohl in der Medizintechnik (z.B. Zahnprothetik, individualisierte Hörgeräte) als auch bei der on-Demand-Produktion von Ersatzteilen. Wissenschaftliche Veröffentlichungen und auch die Zahl der Patentanmeldungen in diesem Bereich zeigen: Die Entwicklung der 3D-Technologien findet in einem hochdynamischen Umfeld statt, in dem aber bisher Akteure aus den USA das Tempo bestimmen.

Für ein neues Produkt verteilen sich etwa 5 bis 10% des Budgets auf das Design und die Entwicklung von Prototypen, und 90 bis 95% auf die eigentliche Fertigung des Produkts. In diesem Bereich kann die Schraube angesetzt werden. Das ist der Grund, warum wir unser Know-how in diesem Technologiefeld ständig vergrößern wollen. Auch andere Unternehmen sollten ihren Fokus mehr auf diesen Bereich richten und beispielsweise Dienstleister wie die MCB-Group zu Rate ziehen.

Die additive Fertigung wird ein wesentlicher Bestandteil der industriellen Entwicklung und Fertigung werden.

Unterstützung für 3D-Technologien in Deutschland

Welche Form der staatlichen oder regionalen Unterstützung erhoffen Sie sich für die Förderung additiver Fertigungs- und anderer 3D-Technologien, Herr Biawa?

JMB: In der Realität sieht es leider gerade so aus, dass viele Gründer alleine dastehen und schließlich aufgrund mangelnder Unterstützung scheitern.

Im Ausland fließen Milliarden in den Aufbau einer konkurrenzfähigen 3D-Druckindustrie, doch das staatliche Engagement hierzulande und in unserer Region reicht noch nicht aus. Wir haben an viele Türen geklopft, doch es wurde immer nur wieder gesagt, die Technologie biete zwar viel Innovationspotential, aber auch ein großes Risiko.

Ich würde das nicht an Summen festmachen wollen, aber was mir zu denken gibt, ist dass die führenden deutschen Hersteller von 3D-Druckern von internationalen Konzernen aufgekauft werden, meist von US-amerikanischen. Denn dort wurde das Potential dieser Technologie bereits erkannt.

Und welche Form von Unterstützung können Sie als Hochschule innovativen Start-Up-Unternehmern geben, Herr Netzel?

TN: Wir können natürlich mit unserem Knowhow punkten. Gründer und Gründungsideen unterstützen wir aktiv, vor allem in ihrer Vorgründungsphase. Sie können bei uns nach Abstimmung zum Beispiel Zugang zu Räumlichkeiten oder Maschinen und Anlagen der Hochschule bekommen, etwa im Rahmen der EXIST-Förderung, einer Initiative des BMWI.

Wie werden Ihre Studierenden auf das zukünftige Arbeiten mit 3D-Technologien vorbereitet?

TN: Nun, das Thema ist immer stärker präsent. Der Vorgang des Konstruierens ist bei additiver Fertigung ja ein anderer als bei klassischer Fertigung, und dahingehend aktualisieren wir unsere Curricula. Dann haben wir in der Fakultät Maschinenbau und Produktion Themen der additiven Fertigung im Curriculum, wo auch praktisch vermittelt wird, mit den Systemen umzugehen.

Also z.B. auch Labore?

TN: Ja, wir haben ein 3D-Druck-Labor mit Anlagen, und wir schaffen nun noch weitere Räumlichkeiten dieser Art, sodass die Studierenden diese Systeme auch in der Lehre anwenden und nach ihrem Studium betreiben können. Es ist einfach eines der großen Zukunftsthemen schlechthin.

Es ist ja leider so, dass es momentan noch ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber dieser neuen Technologie gibt. Dass bei Ihnen eine Generation heranwächst, die dieses Misstrauen nicht hat, ist ein Riesenschritt.

TN: Genau. Es ist unsere Aufgabe als Hochschule, die Studierenden so auszubilden, dass sie mit diesen Systemen umgehen können. Wenn ich daran denke, dass es zu Zeiten meiner Ausbildung eine große Skepsis gegenüber CAD gab, oder dagegen, Dinge auszudrucken – das kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Heute ist das selbstverständlicher Stand der Technik, und das wird mit der additiven Fertigung nicht anders sein.

In den USA, China, Japan oder Singapur fließen Milliarden in den Aufbau einer zukunftsweisenden 3D-Druck-Industrie. Reicht das Engagement von Staat und Banken in Deutschland?

TN: Das kann ich nur bedingt beurteilen, da ich nicht weiß, in welchem Umfang in Deutschland in dieses Thema investiert wird. Aus meiner Sicht muss Deutschland sich überlegen, wie beim Thema 3D-Druck mit Innovation und Transfer umgegangen werden soll, wenn man den Standort Deutschland zukunftsfähig halten möchte. Für solche Dinge muss auch mal Risikokapital in die Hand genommen und in Vorleistung gegangen werden. Wenn man sich überlegt, dass in China und den USA quasi milliardenschwere Wetten auf Zukunftstechnologien abgeschlossen werden, dann sehe ich nicht, dass Deutschland das in dieser Form leistet. Man könnte hier durchaus mehr tun.

Welche Formen der regionalen Unterstützung muss es geben, damit neu gegründete Unternehmen auch mit wenig Geld ihre Position am Markt verteidigen können?

TN: Innovation, Transfer und Gründung sind ja drei meiner Themen hier an der HAW Hamburg. Das Problem bei vielen Unternehmen ist, dass ihre Idee meist gut ist, der Businessplan ebenso, doch nach der Phase der Gründungsaktivität kommt irgendwann der sogenannte „Valley of Death“. Irgendwann muss man Aufträge akquirieren, um Geld zurückzuzahlen, doch die kommen noch nicht zustande. Meist handelt es sich um eine Durststrecke von einem bis zwei Jahren, in der es große Finanzierungsprobleme gibt. Da sind wir in Deutschland tatsächlich noch schwach aufgestellt; bei der Überbrückung dieser kritischen Übergangszeit sollte mehr passieren.

Es sollten dafür spezielle Förderinstrumente geschaffen werden, um den Unternehmen unter die Arme zu greifen. Diese können finanzieller Natur sein, aber auch in Form von Erfahrung, Beratung, Begleitung, Vernetzung usw. erfolgen.

Das erfordert ein regelrechtes politisches Leitbild mit einem ganz konkreten Bekenntnis zu Forschung und Zukunftstechnologien.

TN: Das hat man ja schon, bloß in der Umsetzung hapert es zum Teil. Es ist relativ gut möglich, Anschubfinanzierungen zu erhalten, und später bei der Unterstützung von Forschungsprojekten klappt es auch, aber bei dem dazwischen muss noch einiges passieren. Oft entscheidet sich in dieser Phase: Klappt’s oder klappt’s nicht?

Potential und Zukunft der additiven Fertigung

Herr Biawa, wo sehen Sie das größere Potential: bei der additiven Fertigung von Werkstoffen aus Metall oder aus Kunststoff?

JMB: Diese Frage lässt sich nicht so ohne weiteres beantworten. Wie immer gibt es hier zwei Seiten.

Die Medizintechnik und die Luft- & Raumfahrttechnik gehören in beiden Fällen zu den Vorreitern. Kunststoffe sind zum Beispiel in der Medizintechnik weit verbreitet. Der Anwendungsbereich reicht von der Verpackung von Pharmazeutika über Einwegartikel wie Spritzen bis hin zur mehrfach verwendbaren Operationswerkzeugen. Auch werden hier Konstruktionswerkstoffe wie PA 66, PA 6, PP oder PEEK eingesetzt.

Im Vergleich zum 3D-Druck mit Kunststoffen ist der Metalldruck momentan noch unausgereift, doch das Potential ist riesig. Die entsprechenden Technologien werden in naher Zukunft die tragenden Säulen der additiven Fertigung sein, davon bin ich überzeugt.

Wir bei der MCB Group investieren zunächst in Anlagen für den 3D-Druck von Kunststoffen. Für Werkstücke aus Metall bieten wir dieselben umfangreichen Ingenieursdienstleistungen an und sind natürlich auch in der Lage, bei einem unserer Partner additiv zu fertigen. Wir möchten die Technologie aus Ingenieurssicht begleiten und viele entsprechende Projekte betreuen. Wir beobachten die Entwicklung sehr genau.

Eine Frage an beide Herren: 3D-Druck wird sehr oft in einem Atemzug mit Industrie 4.0 genannt. Welche Rolle spielt die additive Fertigung in diesem Zusammenhang, wenn man z.B. an digital vernetzte Fabriken denkt?

TN: Ich gehe davon aus: Systeme wird man in Zukunft so gestalten, dass man sowohl additiv fertigt als auch nachbehandelt, was Oberflächen- und Materialeigenschaften angeht. Man wird on demand produzieren – also Einzel- oder Kleinserienfertigung –, da die Umrüstzeiten nicht die einer klassischen Werkzeugmaschine sein und daher fast keine Rolle mehr spielen werden.

Da also alles zunehmend automatisiert wird, passt der 3D-Druck hervorragend in die Industrie 4.0. Beides sind Elemente einer industriellen Revolution: Nach der Dampfmaschine, der Elektrifizierung und dem Internet nun eben die Industrie 4.0, mit 3D-Druck, aber auch zum Beispiel intelligenten Bauteilen, bei denen sensorische und aktorische Eigenschaften direkt in das Material eingebracht werden.

JMB: Mit additiven Fertigungsverfahren wird die Zeit zwischen der Fertigstellung einer Konstruktionszeichnung, dem Produktionsbeginn und der Verfügbarkeit erster Produkte minimiert.

Additive Fertigung ist ein komplett digitaler Prozess. Aufgrund des Datenmanagements (Workflow) werden die Anlagen datentechnisch in die Fertigungsumgebung und die dazugehörigen Rechnersysteme eingebunden. Im Einzelnen gehören dazu unter anderem spezifische Engineering-Tools und 3D-CAD/CAE-Systeme. Dies macht es möglich, die verschiedenen Varianten eines Produkts per Simulation durchzuspielen, hocheffizient zu bewerten und dann zu produzieren.

3D-Druckprozesse sind per se digital – von Daten zum Bauteil ohne Formenbau. Welche Schritte sind bis zur massenhaften industriellen Verbreitung der additiven Fertigung noch notwendig?

JMB: Zur massenhaften industriellen Verbreitung der additiven Fertigung müssen noch viele Faktoren optimiert werden.

Die Palette geeigneter Werkstoffe für additive Fertigungsverfahren muss erweitert werden (z.B. technische Thermoplaste, farbige Werkstoffe), die Werkstoffe müssen in ihren Eigenschaften verbessert werden. Die bestehenden Technologien zur Oberflächenbeschichtung der additiv gefertigten Bauteile müssen optimiert und die Geschwindigkeit, Stabilität, Automatisierung, Stabilität und Reproduzierbarkeit der Prozesse deutlich verbessert werden – je nach Druckverfahren in unterschiedlicher Ausprägung.

Der größte Schritt ist die Reduzierung der Kosten für 3D-Drucker. Wenn die Preise sinken, wird der Absatz deutlich ansteigen.

Der zweite Faktor ist die Materialverfügbarkeit. Es müssen neue Materialien für 3D-Druck-Anwendungen entwickelt werden.

Die Zuverlässigkeit der Hardware muss optimiert werden und die Produktionsgeschwindigkeit erhöht.

Die Automatisierung fehlt noch fast komplett.

TN: Die Kurve der Verbreitung über der Zeit wird – wie bei anderen disruptiven Technologien auch – zu Beginn e-Funktion sein, die ihre stärkste Krümmungsänderung, bei 10-20 Prozent Marktdurchdringung hat. Wann werden wir an dem Punkt sein? Einerseits, wenn die Systeme stabil laufen, wenn man also weiß, mit welchem System man was stabil fertigen kann. Andererseits, wenn man das Vertrauen hat und weiß, dass es funktioniert.

Die Pioniere müssen sich bewiesen haben.

TN: Genau. Wenn man diese Durchdringung also erreicht hat, dann steigt die e-Funktion richtig an. Und das hängt davon ab, wie stabil und reproduzierbar jetzt schon produziert werden kann, wie reibungslos die Produktion funktioniert, und ob Geschwindigkeit und Kosten und Qualität stimmen.

Dann ist es auch noch so, dass der Mittelstand relativ große Beharrungskräfte hat. Wenn sich in diesen Kreisen nachhaltig herumgesprochen hat, dass man für einzelne Bauteile die klassische durch die additive Fertigung ersetzen kann und sich das auch noch lohnt, dann könnte das ein großer Treiber sein. Dass Airbus zum Beispiel mit 3D-gedruckte, bionisch entworfene Bauteile nutzt, hat durchaus Signalwirkung. In der Breite wird sich die Technologie erst durchsetzen, wenn der Mittelstand erkennt, dass es ihm in Zukunft einen Benefit bringt, den er bis jetzt noch nicht hat. Das muss vermittelt werden.

Und kleine und mittelständische Unternehmen brauchen den Benefit natürlich deutlich schneller, d.h. es muss vor allem billiger werden.

TN: Ja, und zuverlässig. Es wird heute zum Teil noch nicht so recht an die reproduzierbare Qualität geglaubt. Aber wenn sich herumspricht, dass sie gegeben ist, kann sehr schnell der Punkt erreicht sein, an dem die e-Funktion steigt. Hier haben Firmen wie MCB 3D Technology die Chance, Meilensteine zu setzen.

Eigentlich ist die nächste Frage damit auch schon fast beantwortet, Herr Netzel: Verstehen Sie die Zögerlichkeit innerhalb des klassischen produzierenden Gewerbes in Bezug auf additive Fertigung?

TN: In Deutschland ist man mitunter nicht so progressiv wie in anderen Ländern, in denen auch einfach mal probiert und geschaut wird, ob es funktioniert. Hier in Deutschland muss immer alles 100-prozentig funktionieren. Dies trägt allerdings auch dazu bei, dass „Made in Germany“ ein Qualitätsmarkenzeichen ist.

Welche Rolle, glauben Sie, wird die additive Fertigung in der Produktionslandschaft von morgen spielen?

TN: Ich denke, das eigentliche Knowhow werden die Konstruktionsunterlagen sein. Auf Basis von Konstruktionsunterlagen, die an einem beliebigen Ort entwickelt werden können, werden Dinge on demand druckbar sein. Es wird die Fertigung revolutionieren.

Auf viele Bereiche wird dies Einfluss haben, etwa auch auf die Ersatzteilhaltung: So wird ein Schiff, das bislang ja eine große Menge an Ersatzteilen an Bord haben muss, in Zukunft unter anderem nur einen 3D-Drucker und die entsprechenden Konstruktionsunterlagen mitführen müssen und die Ersatzteile dann nach Bedarf fertigen. Eine völlig neue Herangehensweise.

Und Bauteile, die heute gehärtet werden, oder hochtemperaturfest sein müssen? Das ist ja z.B. bei Schiffen der Fall. Meinen Sie, dass physikalische Eigenschaften, die heute mit Nachbehandlungen erzielt werden, irgendwann auch einfach so aus dem Drucker möglich sein werden? Ein Schiff kann so eine Nachbehandlung heute nicht leisten.

TN: Auch Zeitungsdruck war früher eine sehr komplexe Geschichte, mit riesigen, mehrstufigen Maschinen. Heute wird alles von einem einzigen Automaten erledigt. Aus meiner Sicht wird es in Zukunft Anlagen geben – das sage ich jetzt mal spekulativ –, in denen man Nachbehandlungen halbautomatisch wird durchführen können. Vielleicht gekoppelt mit Robotik, wer weiß? Sicherlich hängt das auch von der Art der Nachbehandlung, dem Automatisierungsgrad und dem jeweiligen Ausgangsmaterial ab. Aber das halte ich alles für lösbar. Wir stehen erst am Anfang.

Wie gesagt, ich denke, in zehn bis fünfzehn Jahren wird es State of the Art sein, dass das Knowhow in der Zeichnung steckt, beim Konstrukteur, beim Ingenieur – der die Zeichnung mit Methoden entwirft, die teilweise heute auch noch in Entwicklung sind, beispielsweise nach bionischen Prinzipien.

Eine Schlussfolgerung mehrerer Studien ist, dass sich mit der additiven Fertigung auch die Arbeitsweise in den Entwicklungsabteilungen wird ändern müssen. Wie ist das zu verstehen?

TN: Nun, zum einen ist es so, dass Produktentwicklung schon heute sehr virtualisiert abläuft, das heißt es wird zum Beispiel modellbasierte Systementwicklung betrieben. Zum anderen wird Konstruktion in Zukunft völlig anders ablaufen – wie ich es ja schon beschrieben habe. Konstruktion und Simulation werden viel stärker ineinander greifen, da dies deutlich schneller zu einem Produkt führt, vor allem wenn es additiv gefertigt wird.

Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen werden im Entwicklungsprozess also weiter zusammenrücken, die Grenzen werden verschwimmen, weil sie enger zusammenarbeiten müssen und werden.

Meinen Sie, das gilt auch für die Schnittstellen zwischen Hochschulen und den Unternehmen?

TN: Ja, das merken wir jetzt schon. Knowhow-Träger wie Studierende, die ja in diesen Technologien ausgebildet werden, werden bereits frühzeitig in Forschungs- und Entwicklungsprojekten von Unternehmen eingesetzt und stellen damit schon während ihres Studiums einen Mehrwert für diese Unternehmen dar. Es wird also noch viel mehr Transfer stattfinden.

Die Hochschulen werden in diesem Bereich ganz neue Geschäftsmodelle entwickeln müssen, um das Knowhow, das sie als Hochschulen haben, zu vermarkten und zu sichern. Auch hier gibt es in Deutschland durchaus noch Nachholbedarf.

Für welche Anwendungen ist additive Fertigung nicht die beste Lösung? Wo sind die – derzeitigen und inhärenten – Grenzen dieser Technologie? Herr Biawa?

JMB: Ich würde die Frage gerne von hinten aufzäumen: Wenn die Produktionsvolumina relativ niedrig sind und die Komplexität hoch ist, dann ist additive Fertigung das beste Verfahren. Das sind meiner Meinung nach die wichtigsten Prozessgrößen. Wenn die Teile groß sind, ist es schwieriger, den Einsatz additiver Prozesse zu rechtfertigen.

Und was meinen Sie, Herr Netzel?

TN: Bauteile, die sich subtraktiv besser fertigen lassen, sind wahrscheinlich solche, die verschiedene Eigenschaften in einer Baugruppe vereinen. Außerdem gibt es physikalische Eigenschaften, die mit additiv gefertigten Teilen derzeit noch nicht realisiert werden können, zum Beispiel Hochfestigkeit. Das ist natürlich eine Grenze der Anwendung.

Wenn Bauteile sowohl mechanische als auch etwa elektrische oder sensorische Funktionen beinhalten, ist es heute so, dass die Elektrik bzw. Sensorik auf einen zuvor gefertigten mechanischen Unterbau aufgebracht wird. Diese Grenze wird aber in absehbarer Zukunft verschwinden.

Bei der Bauteilgröße sehe ich keine Realisierbarkeitsgrenze.

Ist der 3D-Drucker für Sie beide der Ausgangspunkt der vierten industriellen Revolution?

TN: Ob er der Ausgangspunkt ist, kann ich nicht einschätzen. Ich würde eher sagen, die nächste industrielle Revolution beinhaltet den 3D-Druck. 3D-Druck plus Umgang mit Daten, also Algorithmisierung, ist das Thema. Viele nennen das ja Digitalisierung, aber es geht darum, intelligente Algorithmen zu schaffen, zum Beispiel in der Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Und additive Fertigung wird ein integraler Bestandteil dieser Entwicklung sein.

JMB: Wir bei der MCB Group glauben fest an die Zukunft der additiven Fertigung von Kunststoffen und Metallen und werden die Technologie weiter mit Engagement begleiten. Bis zu einer wirklichen industriellen Revolution müssen jedoch noch sehr viele Hürden überwunden werden.

Die Zukunft der MCB Group

Herr Biawa, es gibt zurzeit sehr viele Gründungen im Bereich der Additiven Fertigung, die gemeinsam eine breite Palette an 3D-Druck-Dienstleistungen und -Produkten anbieten. Macht Sie das nervös?

JMB: Nein, ganz Im Gegenteil. Der Markteintritt weiterer Dienstleister lenkt den Blick der Öffentlichkeit auf die 3D-Druck-Industrie. Das ist auch gut für uns. Wenn sich immer mehr Menschen als Designer probieren und die Hersteller mehr Material und Drucker verkaufen können, sinken vielleicht die hohen Preise in diesem Bereich.

Wir konzentrieren uns weniger auf unsere Wettbewerber als auf unsere Ziele, die Qualität unserer Arbeit, die Optimierung unserer Arbeitsprozesse und die Zufriedenheit unserer Kunden.

Woran arbeiten Sie aktuell?

JMB: Momentan bewegen wir uns weg von reinen 3D-Druckdienstleistungen und hin zum Aufbau einer Engineeringplattform, mit einem Schwerpunkt auf Lösungsangeboten für individuelle fertigungs- und designtechnische Kundenwünsche. Gleichzeitig möchten wir im großen Stil aus- und weiterbilden.

Wir arbeiten an einem eigenen Medizintechnikprodukt, und wir bauen den Bereich CNC Manufacturing aus.

Was ist Ihre Vision für „MCB 3D Technology & Additive Manufacturing“?

JMB: Wir möchten gerne an prominenter Stelle dabei sein, wenn die additive Fertigung ihren Siegeszug feiert.

Weiterhin wollen wir auch andere Businesssegmente aufbauen, etwa im Bereich der Automatisierung und Robotik.

Und wie möchten Sie in Zukunft mit MCB 3D Technology zusammenarbeiten, Herr Netzel?

TN: Ich kann Vernetzungsarbeit leisten und mit Knowhow unterstützen. Den Austausch mit der Hochschule kann ich ebenso fördern, zum Beispiel bei der Werbung von Werkstudenten, Bachelor- und Masterarbeiten. Gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sind ebenso möglich; ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass man in der Zukunft gemeinsame Anträge stellt.

Warum setzen Sie auf MCB 3D Technology? Was zeichnet dieses Unternehmen im Vergleich mit anderen aus?

TN: Der innovative Kern eines modernen Unternehmens wie MCB 3D Technology besteht  eben nicht aus seinen 3D-Druckern, die Gefahr laufen, schnell nicht mehr auf dem neuesten Stand zu sein. Sie sind lediglich die Befähiger.

Das eigentlich Wichtige, der innovative Kern, muss die Fähigkeit sein, Dinge zu entwickeln, die ein Alleinstellungsmerkmal haben. Etwa die Konstruktion von Systemen, die in ganz bestimmten Bereichen ganz bestimmte Eigenschaften haben: Knowhow dieser Art zu sichern ist sehr wichtig.

Und MCB hat den Vorteil, agil und flexibel agieren zu können.

 

Meine Herren, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führte Dipl.-Ing. Margaret Schindler,

Head Of Communications bei MCB 3D Technology & Additive Manufacturing

presse@mcb-group.com

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